Diesen Einwand höre ich sehr oft, wenn es darum geht, Sprachen zu erlernen. Dabei stellt sich allerdings die Frage: Ab wann ist der Begriff „Ältere“ überhaupt anzuwenden? Ist das Alter überhaupt wichtig? Wird es mit zunehmendem Alter schwieriger, sich eine Fremdsprache anzueignen?
Auch Ältere haben Vorteile!
Es mag sein, dass bei Ihnen als älterer Lerner Denkprozesse langsamer ablaufen, dass häufigere Wiederholungen nötig sind, aber was ist das schon im Vergleich zu den vielen Vorteilen, die Sie haben!
- Sie sind eigenmotiviert, verfügen über Geduld, Ausdauer und einen ausgeprägten Willen.
- Viele ältere Lerner wie Sie sind sehr diszipliniert.
- Es ist erwiesen, dass der Unterschied zwischen Ihnen und der Jugend, die ja angeblich so leicht lernt, viel geringer ist als der Unterschied zwischen Erwachsenen gleichen Alters. Auf die Lernerfahrung kommt es an!
- Sie als älterer Lerner können viel leichter Lerninhalte mit bereits Bekanntem verknüpfen, weil Sie über ein enormes Vorwissen aus Beruf und Freizeit verfügen – und nicht nur das: Sie haben auch im Laufe Ihres Lebens schon vielerlei Lerntechniken ausprobiert, verworfen oder für gut befunden und können diese Lernerfahrungen jetzt erneut nutzen. Nicht zu vergessen ist auch Ihr Vorwissen aus anderen früher gelernten Fremdsprachen. Zusammengefasst gesagthaben Sie größere Ressourcen aus gesammeltem Lebenswissen.
- Sie sind es gewohnt, sich längere Zeit zu konzentrieren. Damit haben viele jüngere Lerner Probleme.
- Normalerweise haben Sie auch mehr Gelegenheiten, die Sprache anzuwenden, da Sie selbstbestimmt in Urlaub fahren oder Sprachkurse nach eigener Wahl besuchen können und gelernt haben, Eigeninitiative zu ergreifen.
- Durch Ihre hohe Motivation – Sie lernen die Sprache ja, weil Sie das wollen und nicht, weil Sie es müssen – Sind Sie in der Lage, sich besser zu konzentrieren, haben ein höheres Interesse am Erlernen der Sprache und beschäftigen sich langfristiger und kontinuierlicher damit.
- Ihre Methodik ist anders als die von jungen Lernern – ältere Lerner gliedern und strukturieren mehr. Dadurch fallen die Verknüpfungen und Assoziationen leichter.
Warum soll ich im Alter noch eine Sprache lernen?
- Sprachen lernen erweitert den Horizont
Früher wurden in den Schulen nicht automatisch eine oder auch mehrere Fremdsprachen gelernt. Im Berufsleben fehlte Ihnen bisher vielleicht die Zeit – aber was spricht denn dagegen, jetzt noch, egal in welchem Alter, damit anzufangen? - Begeisterung für eine Sprache
Vielleicht entdecken Sie ja auch ein neues Hobby – das Sprachen lernen! Wie und wann Sie zu diesem – Ihrem! – neuen Hobby kommen, ist eigentlich egal: ob durch das Reisen oder durch italienische oder spanische Nachbarn, ob durch die interessante Zeitung beim Händler oder durch einen YouTube-Kanal oder eine Facebook-Seite. - Reisen
Wenn die Kinder aus dem Haus sind oder die Wohnung oder das Haus abbezahlt sind, denken viele Menschen auch wieder verstärkt über Auslandsreisen nach. Dabei sind unbestritten Fremdsprachenkenntnisse von großem Vorteil, um schneller Kontakte im Land zu knüpfen, um kulturelle Eigenarten zu verstehen und sich verständigen zu können. - Soziale Kontakte und sinnvolle Nutzung der Freizeit
Wenn Verpflichtungen wie Kindererziehung oder das Berufsleben wegfallen, fallen auch viele Zwänge weg. So stehen Sie vor der Herausforderung, diese gewonnene Zeit sinnvoll und strukturiert zu nutzen – dafür ist das Erlernen einer Fremdsprache ideal! Durch das Lernen in einem Sprachkurs werden gleichzeitig auch soziale Kontakte geknüpft, nicht selten entstehen so auch neue Freundschaften. - Lebenslanges Lernen und Gedächtnistraining
Sprachen lernen hält geistig fit und passt gut in ein Leben, das von Neugier und Wissbegierde geprägt ist. Gleichzeitig wird nicht nur das Gedächtnis trainiert, sondern auch die Kommunikation mit anderen Menschen gefördert – für ältere Menschen ist das sicherlich nicht das Schlechteste. - Persönliche Gründe
Haben Sie vielleicht einen italienischen Schwiegersohn? Lieben Sie französisches Essen und möchten die entsprechenden Rezepte nachkochen können (nach Rezepten in der Originalsprache natürlich!)? Oder haben Sie einen Lieblingsschauspieler oder bevorzugten Autor und möchten dessen Filme oder Bücher endlich im Original genießen? Die persönlichen Gründe sind so vielfältig wie die Menschen selbst.
Gibt es einige Lerntipps? Klar, die gibt es.
- Nehmen Sie sich die Zeit, die Sie brauchen
Ältere Menschen brauchen oft mehr Zeit und häufigere Wiederholungen. Lassen Sie sich nicht hetzen und setzen Sie sich nicht unter Druck. Lernen Sie nach Ihrem eigenen Tempo nach der Maxime: lieber wenig in regelmäßigen Einheiten als viel und ganz selten. - Nutzen Sie Sprechgelegenheiten
Ältere Menschen tun sich oft schwerer mit der Aussprache und Betonung einer neuen Sprache. Nutzen Sie sämtliche Möglichkeiten, die Ihnen Lehrer, Muttersprachler, multimediale Sprachkurse und das Internet bieten. Lassen Sie sich die Sätze und Vokabeln so oft vorlesen, wie Sie wollen und sprechen sie nach. - Gehen Sie in einen Sprachkurs
Ältere Menschen brauchen häufiger die Rückmeldung und Interaktion anderer Lerner und auch die eines Lehrers. Ein Selbststudium ist ihnen oft zu mühselig, zu anstrengend und zu langweilig. Daher: Besuchen Sie einen Sprachkurs oder gehen Sie zu einem Sprachentreff. - Lernen Sie erst die Themenfelder, die Sie als erstes brauchen
Welche Themen brauchen Sie für den Urlaub? Gehen Sie gerne ins Restaurant? Sprechen Sie gerne über Bücher oder Kino? Dann fangen Sie mit diesen Themen an – so kommen Sie schnell mit anderen ins Gespräch und bleiben motiviert. - Nutzen Sie Ihre Erfahrung
Greifen Sie so oft wie möglich auf Ihre Lebens- und Lernerfahrungen zurück. Was wissen Sie schon? Welche Eselsbrücken kennen Sie? Wie haben Sie früher gelernt? - Keine Panik
Es wird immer Lerner geben, die etwas besser können als Sie. Aber das ist ganz normal – und Sie sollen sich nicht vergleichen. Fragen Sie sich lieber: Was kann ich heute, was ich gestern noch nicht konnte? Und: Was kann ich heute tun, damit ich morgen mehr kann als heute?
Wir danken Christine Konstantinidis für diesen Gastartikel. Gleichzeitig schrieb Birgit Bauer einen themengleichen Blogbeitrag für Christines Konstantinidis: Sprachen lernen im Alter? Ja, unbedingt!
Was meinen Sie? Stimmen Sie unserer Autorin zu, dass Sprachenlernen auch im Alter wunderbar funktioniert? Kennen Sie jemanden in Ihrem Umfeld, der in seiner Pension erfolgreich eine Sprache erlernt hat? Erzählen Sie uns davon in einem Kommentar!